Anträge der Kreistagsfraktion zum „Klimanotstand“ und „Biolandbau“

Die Kreistagsfraktion der Grünen hat im September zwei Anträge gestellt.

Download: Antrag Klimanotstand Kreis Diepholz (PDF)

Download: Antrag Biolebensmittel (PDF)

 

Antrag: Klimanotstand

Der Kreistag möge beschließen:

Der Kreistag ruft wie mittlerweile über 46 Gemeinden und Städte in Deutschland so-wie zahlreiche Gemeinden rund um den Globus (u.a. Kanada und Schweiz) im Land-kreis Diepholz den «Klimanotstand» aus. Das bedeutet, dass der Klimaschutz zur Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen bei allen politischen Entscheidungen mit höchster Prioritär zu behandeln ist. Der Klimaschutz wird dabei als Bestandteil einer Nachhaltigkeitsstrategie verstanden.

  • Die Verwaltung wird beauftragt eine Strategie zu erarbeiten und umzusetzen, welche die Senkung der C02-Nettoemmissionen auf dem Landkreisgebiet auf null bis 2030 anstrebt und diese bis spätestens 2050 erreicht. Dabei werden sowohl Emissionen von Produktion wie auch von Verbrauch berücksichtigt.
    •  Verminderung des CO2-Ausstoßes der privaten Haushalte (insgesamt und je Einwohner)
    •  Verminderung des CO2-Ausstoßes von Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (insgesamt und je Einwohner)
    • Verminderung des CO2-Ausstoßes des Verkehrs (insgesamt und je Ein-wohner).

          Bei dieser Strategie sollen folgende Bereiche im Vordergrund stehen:

               ▪ Energieerzeugung (Solar und Wind) und -speicherung
               ▪ Wärmespeicherung
               ▪ Ökologische Landwirtschaft
               ▪ Schutz und Entwicklung/Regeneration der Moore und Wälder
               ▪ Keine weitere Förderung von fossilen Energien

  • Der Landrat wird dem Kreistag und der Öffentlichkeit halbjährlich (entspre-chend der o.g. Strategie) über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduk-tion der Emissionen berichten.
  • Ab sofort werden die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Entscheidun-gen bewertet und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken, umgesetzt. Hierzu wird für sämtliche politische Beschlussvorlagen ab 01. Januar 2020 das Kästchen „Auswirkungen auf den Klimaschutz“ mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja, positiv“, „Ja, negativ“ und „Nein“ eingefügt. Wird die Frage mit „Ja, positiv“ oder „Ja, negativ“ beantwor-tet, muss die jeweilige Auswirkung dargestellt und bewertet werden.
  • Der Landkreis setzt sich auf allen Ebenen und im Rahmen der interkommuna-len Zusammenarbeit dafür ein, dass die Grundlagen und Ressourcen zur Ver-fügung gestellt werden, um das Ziel der Senkung der C02-Nettoemmissionen auf null bis 2050 für ganz Niedersachsen zu erreichen.
  • Der Landkreis fordert auch andere Kommunen, die Bundesländer und die Bundesrepublik Deutschland auf, seinem Vorbild zu folgen und den Klimanot-stand auszurufen. Insbesondere macht er Land und Bund darauf aufmerksam, dass ein vollständiges Einhalten der Klimaschutzziele auf kommunaler Ebene unter den derzeitigen Rahmenbedingungen noch nicht möglich ist. Erst ein vollständiger Abbau weiterhin bestehender Subventionen für fossile Energie-träger und Landwirtschaft, eine sozialgerecht ausgestaltete CO2-Bepreisung, eine grundlegend veränderte Verkehrspolitik und eine klimaschutzkonforme Förderung des sozialen Wohnungsbaus hier das dringend benötigte Funda-ment legen würden.
  • Der Landkreis arbeitet mit einschlägigen Gremien, Verbänden und Einrichtun-gen zusammen, um Maßnahmen zu finden und umzusetzen, welche die zu-künftige globale Erwärmung auf unter 1.5°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Auch hierzu berichtet der Landrat im o.g. Rhythmus.

Begründung:
Der neuste IPCC (IPCC = Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz: der Weltklimarat) Bericht zeigt wissenschaftlich und mit aller Klarheit auf, dass wir uns mitten in einer menschengemachten Klimakrise befinden. Wie der IPCC-Bericht dar-legt, erfordert die aktuelle Situation schnellstes Handeln. Denn je länger die Bewälti-gung der Klimakrise herausgeschoben und verzögert wird, desto schwieriger wird es, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Stadtregierungen und Kommunen rund um die Welt reagieren, indem sie den «Klimanotstand» ausrufen und in Ressourcen investieren, um dieser Krise angemessen begegnen zu können.
Die Komplexität der Klimakrise erfordert Antworten und Lösungen auf allen Ebenen, also sowohl individuelle Verhaltensänderungen als auch institutionelle Maßnahmen, die Einzelpersonen nur indirekt auslösen können.
Wenn wir jetzt nicht reagieren, wird es zu spät sein. Noch ist eine Reaktion möglich, viel Zeit bleibt uns aber nicht. Der IPCC Bericht enthält Szenarien, die aufzeigen, wie die weltweite Klimaerwärmung auf 1.5°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit be-schränkt werden kann. Eine Erwärmung um 1.5°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bis 2050 wird von den Experte*innen als Grenze definiert, die «nur» Konsequen-zen nach sich zieht, die noch als bewältigbar oder umkehrbar gelten.

  • Regional geht es um den Erhalt des Mikroklimas, das in Zusammenwirken der mit der Klimaerhitzung Katastrophen auslösen können.
  • National und international geht es um die Reduktion von Treibhausgasen.

Als wichtiger Standort für Gewerbe und Landwirtschaft kann und muss der Landkreis Diepholz Anreize für die Entwicklung von Lösungen, Geschäftsfeldern und Innovatio-nen schaffen, die als Ganzes eine tragfähige Klimastrategie bilden. Der Landkreis soll regional als Klimaschutz-Beispiel dienend überregional vorangehen und weitere Gemeinden, Landkreise und Städte durch konkretes Handeln motivieren, ihre eige-nen Ressourcen für die Bewältigung der Klimakrise einzusetzen.

Mit diesem Antrag wollen wir ein Zeichen setzen, um andere Gemeinden zum Um-denken anzuregen sowie um ein gesellschaftliches Umdenken der Menschen zu be-wirken und die Bürger*innen auf dem Weg des Klima- und Umweltschutzes mitzu-nehmen. Als Vertreter*innen der Diepholzer Bürger*innen wollen wir mit diesem An-trag unserer Vorbildfunktion besonders gerecht werden.

Erklärung:
Der Begriff «Klimanotstand» ist symbolisch zu verstehen und soll keine juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen sein. Die Ausrufung des Kli-manotstandes ist zunächst als ein „politischer Appell“ zu verstehen. Er ist eine Hilfe-stellung für alle Gremien, um bei jedem ihrer Vorhaben zu überprüfen, wie sie auf das Klima wirken. Damit soll die Klima-Thematik stärker in den Fokus gerückt werden mit dem Ziel, Klimaschutz zu einem wesentlichen Entscheidungskriterium zu ma-chen.
Für die Bürger*innen sind mit dieser Erklärung keine Einschränkungen, Verbote oder neue Pflichten verbunden. Besondere Befugnisse für neue Rechtsvorschriften sind mit dem Klimanotstand nicht verbunden.

Antrag: Biolandbau im Landkreis Diepholz – Regionale Wertschöpfung, gesunde Böden, heimische Artenvielfalt, gesundes Essen

Die Landwirtschaft spielt im Landkreis Diepholz eine sehr große Rolle, auch unter dem Aspekt der Versorgung der eigenen Bürger*innen mit frischen und gesunden Lebensmitteln. Außerdem ist sie grundlegend, um den Bezug zu und das Wissen über die Herkunft unserer Nahrung zu erhalten – damit auch künftige Generationen noch wissen, dass Kühe nicht lila sind und Gemüse nicht im Supermarkt wächst.

In den letzten Jahren ist die biologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche in Niedersachsen leicht gewachsen. Das bietet die Chance, auch in der Absatzförde-rung neue Wege zu gehen. Durch regionale Direktvermarktung an Großabnehmer, wie zum Beispiel Behörden und Kantinen, werden den ökologisch wirtschaftenden Betrieben verlässliche Absatzzahlen ermöglicht und so regionale Wirtschaftskreis-läufe gestärkt. Kurze Wege schonen die Umwelt und schaffen für die Bevölkerung ei-nen regionalen Bezug zu den Lebensmitteln. Verbraucher*innen erhalten frische und gesunde Lebensmittel und der Landkreis erfüllt seine Vorbildfunktion. In Schulen und Kitas kann durch entsprechende pädagogische Konzepte vermittelt werden, woher die Nahrungsmittel kommen und wie sie gesund zubereitet werden können. Bei Le-bensmitteln, die nicht aus regionalem Bio-Anbau bezogen werden können, soll der Landkreis Diepholz auf anderen Wegen die ethischen Standards fördern.

Der Kreistag möge beschließen

Die Verwaltung des Landkreises wird gebeten:

  1. Den Kreistag über den ökologischen Landbau im Kreis Diepholz zu informieren:
    a. der derzeitige Stand,
    b. jährlicher Bericht über die Entwicklung bezogen auf Anzahl der Be-triebe, die bewirtschaftete Fläche und die Zugehörigkeit zu Ökoland-bau-Zertifizierungslabels (jeweils zur dritten Kreistagssitzung des Jah-res),
    c. Entwicklung der Fördermöglichkeiten zur Umstellung der Betriebe auf ökologische Landwirtschaft.
  2. Die Nachfrage nach regionalen Bio-Lebensmitteln zu fördern, indem
    a. der Kreis im Rahmen seiner Möglichkeiten konkret auf eine schrittweise Steigerung des Anteils von Bio-Lebensmitteln, größtmöglich aus regio-nalem Anbau, in Kantinen und in der Gemeinschaftsverpflegung hin-wirkt. Namentlich gemeint ist hiermit unter anderem die Verpflegung
    i. in Kantinen für die Beschäftigten der Behörden, kreiseigenen Einrichtungen und Unternehmen sowie
    ii. bei eigenen Veranstaltungen;
    b. bei der Umstellung der unter 2a. genannten Einrichtungen auf regionale Bio-Lebensmittel nach Lebensmittelgruppen vorgegangen wird (zum Beispiel Kartoffeln, Getreideprodukte etc.), wobei zunächst mit den preiswerten und gut regional verfügbaren Gruppen begonnen wird;
    c. bei Nebenprodukten der Außer-Haus-Verpflegung in Kantinen u.a. (wie Snacks, Riegel, Kaffee usw.) in steigendem Maße auch Produkte aus biologischer Produktion und fairem Handel angeboten werden;
    d. darauf geachtet wird, dass die betroffenen Caterer und Lieferantinnen und Lieferanten die notwendige Voraussetzung einer Bio-Zertifizierung nachweisen;
    e. geprüft wird, inwieweit bei kreiseigenen Großveranstaltungen den Cate-rern oder Standbetreiberinnen und Standbetreibern Vorgaben entspre-chend der oben genannten Punkte gemacht werden können, zum Bei-spiel im Rahmen eines Projektes „Nachhaltige Veranstaltungen“;
    f. den Behörden und kreiseigenen Einrichtungen konkrete und praxis-nahe Unterstützung bei der Umsetzung der o.g. Ziele geboten wird, zum Beispiel über einen speziell auf den Kreis Diepholz ausgerichteten Leitfaden, der vorhandene Erfahrungen bündelt, Informationen weiter-reicht und bei der Erarbeitung spezifischer und passgenauer Lösungen hilft.
  3. Zu prüfen, inwieweit in Schulmensen bereits jetzt Lebensmittel aus regionalem und/oder biologischem Anbau verarbeitet werden. Im zweiten Schritt sollten Optimierungspotenziale identifiziert und umgesetzt werden. Hierbei soll der Kreis bei nicht kreiseigenen Einrichtungen, beratend und unterstützend wir-ken.
  4. Zu prüfen, inwieweit die Themen „gesunde Ernährung“ und „Herkunft von Lebensmitteln“ bereits jetzt in den pädagogischen Angeboten von Schulen und Kitas berücksichtigt werden und gegebenenfalls darauf hinzuwirken, dass diese Angebote optimiert werden.
  5. Die Kommunikation und Kooperation rund um das Thema regionaler Bio-Landbau und biologische Lebensmittel an geeigneten Stellen zu fokussieren, zum Beispiel durch
    a. die Fortführung und Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Institu-tionen und Vereinen, die im Bereich der Förderung und Vermarktung von Bioprodukten arbeiten, und
    b. die Präsentation auf geeigneten Messen.